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How dare you!?

Ein Satz für die Geschichtsbücher, ein Satz voller Emotion und Verzweiflung.

 

How dare you?! Wie könnt ihr es wagen!? 

 

Ein Satz voller Wut darüber, dass die Politik mit ihren halbherzigen Versprechungen die Zukunft der jungen Generation aufs Spiel setzt.

 Und Greta Thunberg stellt diese Frage nicht irgendwem, nein, sie stellt sie den Staats- und Regierungschef*innen beim UN-Klimagipfel am 23.09.2019 in New York. Dieser Satz ist und bleibt eine Kampfansage.

 

How dare you?! Wie könnt ihr es wagen!?

Das würde ich Papst und Bischöfe auch gerne fragen:
Wie könnt ihr es wagen, dass Bischöfe Auszeiten und Urlaub bekommen, statt die Konsequenzen ihres Fehlverhaltens zu tragen?
Wie könnt ihr es wagen, dass die Verursachung sexualisierter Gewalt immer noch nicht systematisch angegangen wird?
Wie könnt ihr es wagen, dass die Opfer spiritueller und sexualisierter Gewalt immer noch keine Gerechtigkeit erfahren, weil Kleriker-Schutz vor Opfer-Schutz kommt?
Wie könnt ihr es wagen, so zu handeln, dass immer noch der Eindruck da ist, dass Vertuschung von Verbrechen machbar und möglich ist?

Wie könnt ihr es wagen, im Umgang mit Frauen und Menschen, die sich der binären Zuordnung entziehen, Geschlechtergerechtigkeit immer noch als Zugeständnis und nicht als Selbstverständlichkeit zu verstehen?
Wie könnt ihr es wagen, einfach zuzusehen, wie immer mehr Menschen sich von der katholischen Kirche abwenden, weil sie jede Hoffnung auf Veränderung und Reform, jedes Vertrauen in die Erneuerbarkeit der Amtskirche, verloren haben?

 

Kann ich überhaupt noch den Bischöfen vertrauen, dass sie sich wirklich für Veränderung einsetzen wollen? Ich glaube, das fällt nicht nur mir schwer.

Wie also weiter auf dem Synodalen Weg? Bestätigt sich der Verdacht, dass er wirklich nur ein reines Gesprächsformat sein soll, so wie wir es in den letzten Jahrzehnten schon einige Male in Deutschland hatten? Sollen kritische Stimmen mit diesem Format einfach nur beschäftigt und ruhig gestellt werden? Soll wieder nur Papier produziert werden? Soll es wieder keine Konsequenzen geben?

 

Und deshalb: Ihr Herren Bischöfe, jetzt seid Ihr dran!

Ihr müsst bei der Synodalversammlung in Frankfurt Farbe bekennen, ob Ihr wirklich bereit seid, Macht abzugeben und Veränderungen in der katholischen Kirche voranzubringen. Seid Ihr dazu bereit? Dann fangt damit an!

 

Ein erster Schritt wäre die freiwillige Verpflichtung, die gemeinsam getroffenen Beschlüsse des Synodalen Wegs im jeweiligen Bistum auch wirklich umzusetzen, soweit das möglich ist.

Seid Ihr für Reformen? Seid Ihr bereit für einen Machtverzicht im Sinne einer freiwilligen Selbstbindung?

 

Ich erwarte eine klare Antwort, keine billige Vertröstung.

Um es mit Goethe zu sagen: „Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn“.

 

Und damit zurück zur Gretchen-Frage, die ja bereits in einem anderen Beitrag von uns thematisiert wurde. In „Faust. Eine Tragödie“ stellt Gretchen der Hauptperson Heinrich Faust die ihm unangenehme Frage nach der Bedeutung der Religion in seinem Leben. Sie, die viel jüngere Frau kleinbürgerlicher Herkunft, die von dem anerkannten Wissenschaftler umworben wird, fordert ihn mit ihrer Frage heraus; er weicht ihr aus: „Nun sag‘. Wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann. Allein ich glaub‘, du hältst nicht viel davon.“

 

Mit Gretchen frage ich die Bischöfe: „Nun, sag, wie hast du’s mit der Macht?“
Und mit Greta frage ich: How dare you!?

 

Susanne Schuhmacher-Godemann